Was ist schön?

 

Prof. Dr. Dr. med. Johannes C. Bruck

 

„Das Schöne gehört jedem der es empfinden kann“ formulierte bereits Heinrich von Kleist das Junktim zwischen Schönheit und subjektiver Erfahrung. In der neurophysiologischen Forschung lässt sich feststellen, dass die Begriffe schön und gut im menschlichen Hirn sehr nahe beisammen liegen, aber der Begriff „wahr“ woanders lokalisiert ist.
Für den Plastischen Chirurgen steht im Vordergrund die Definition der Schönheit im Auge des Patienten, seiner Gesellschaft sowie der eigenen Empfindung. Die Beschäftigung mit der Kunst, hilft in der Definition der subjektiv empfundenen Schönheit nur wenig weiter.
Die Messbarkeit von Schönheit kann sich nämlich einerseits auf das betrachtete Objekt beziehen (hier spielen Begriffe wie Form, Symmetrie und Proportion eine Rolle), aber auch auf die Reaktion des Betrachters auf das Objekt. Gesichert ist, dass die Erfahrung von Schönheit vom steten Wandel der Objekte lebt, die heute vor allem durch die Medien, durch die Modeindustrie, aber auch durch die verschiedenen Gesellschaften und ihre Schichten geprägt werden. Letztlich ist der Schönheitsbegriff auch der eigenen Entwicklung unterworfen.
Dieser Wandel braucht Analyse, der Genese der Veränderungen und der Motivation für eine Korrektur, die möglicherweise bis zur „Körperverletzung auf Verlangen“ geht und schließlich der Erwartung an diese Veränderung.
In der Ästhetischen Chirurgie ist Objekt und Betrachter derselbe. „Schön“ müsste also die Übereinstimmung/Harmonie zwischen dem Operationsergebnis und dem subjektiven virtuellen Körperbild sein, welches als „Wunschvorstellung“ definiert wird, mit dem Ziel, das eigene Körperbild als subjektiven Inbegriff von Schönheit und Liebenswürdigkeit neu wahr werden zu lassen.
Das Aussehen wird in Beziehung gesetzt zum Ansehen. So gesehen, hat ein ästhetisch-chirurgischer Eingriff zum Ziel, die Harmonie zwischen dem Spiegelbild des Patienten und seiner subjektiven körperlichen Identität wiederherzustellen.

 

In der Bewertung der Motivation, die einen Patienten zum Plastischen Chirurgen führt, kann es sich lohnen, zu berücksichtigen, dass:

– subjektiv empfundenes Leid nicht messbar ist,
– die subjektive Bewertung eines Leids der Umwelt nicht immer zugänglich ist, und
– jeder unter seinem eigenen Stigma maximal und unvergleichlich leidet.

 

Der Definition der Erwartung an einen Eingriff kommt daher eine hohe Bedeutung zu. Sie ist als einzige Maßnahme von vornherein in der Lage das gewünschte Ergebnis zu definieren.

 

Das gute Ergebnis als Inbegriff der Ergebnisqualität, liegt in der Übereinstimmung zwischen Ergebnis und Erwartung und hat zum Ziel, die Harmonie zwischen dem eigenen Spiegelbild und der subjektiven Körperidentität wiederherzustellen.
Hier kommt „Bedarfsdeckung“ als Heilbehandlung in Konflikt mit der „Bedarfsweckung“ als Werbemaßnahme.

 

Die Ästhetische Chirurgie / Medizin kann nur eine Heilbehandlung sein, solange die Initiative für den Eingriff vom Patienten ausgeht. Das maximale Risiko Eingriffs liegt in der Enttäuschung des Patienten, die möglicherweise auch durch Werbemaßnahmen und seine/ihre unmittelbare Gesellschaft beeinflusst wird.